Vollversammlung der Handwerkskammer Aachen
Handwerkskammer Aachen

Pressemitteilung vom 29.05.2024Handwerk braucht starke Bildungszentren!

Handwerkskammer Aachen drängt auf Investitionen und Unterstützung für Unternehmerinnen.

Aachen. „Trotz der drohenden Haushaltskrise darf bei der beruflichen Bildung nicht der Rotstift angesetzt werden. Denn sonst gerät das weltweit seit Jahrzehnten hoch angesehene System der dualen Ausbildung ernsthaft in Gefahr, und die Klimawende wird ohne hoch qualifizierten Handwerksnachwuchs nie richtig Fahrt aufnehmen.“ Das hat Marco Herwartz, Präsident der Handwerkskammer Aachen, heute bei der Vollversammlung im Aachener Rathaus unterstrichen. Schließlich brauche es für die Modernisierungsmaßnahmen der maroden Infrastruktur, der energetischen Sanierung von Häusern, dem Bau von 13.000 Kilometer langen Überlandstromtrassen oder auch der Installation von Millionen Wärmepumpen und der Reparatur von E-Autos unzählige Handwerksexperten mit teilweise ganz neuen Fähigkeiten.

„Diese erlernen die jungen Menschen in der dualen Berufsausbildung, also primär in ihren Betrieben und in den Bildungszentren der Handwerkskammern. Das sind die ‚Universitäten des Handwerks‘ und diese müssen den gleichen ideellen und finanziellen Stellenwert wie die gut 420 Hochschulen in Deutschland erhalten“, betonte Herwartz und ergänzte: „Während die akademischen Lernorte in den vergangenen Jahren massiv ausgeweitet und spürbar höher von der öffentlichen Hand gefördert wurden, stagniert die Förderung der Bildungsstätten des Handwerks. Real bedeutet dies sogar einen Rückschritt, denn die Bauleistungspreise haben sich erheblich erhöht.“ Dies spiegele sich inzwischen in einem Sanierungsstau in zahlreichen Bildungszentren wider, die vielfach in den 1980er-Jahren gebaut wurden. Die Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks schätzt den Investitionsbedarf in die überbetrieblichen Bildungszentren in NRW in den kommenden zehn Jahren auf rund 1,3 Milliarden Euro. „Allein in unserem Kammerbezirk rechnen wir in der kommenden Dekade mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 120 Millionen Euro“, unterstrich Herwartz und verwies darauf, dass das Handwerk seit jeher 35 Prozent dieser Kosten aus eigener Tasche bezahle. Der Bund trage im Regelfall 45 Prozent – in strukturschwachen Regionen 60 Prozent – und das jeweilige Bundesland 20 Prozent. Vor diesem Hintergrund appellierte er an die anwesende NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, bei den anstehenden Haushaltsplanungen der Landesregierung ausreichend Finanzmittel zur Verfügung zu stellen und sich auf Bundesebene für eine gesicherte Finanzierung der Bildungszentren einzusetzen. „Denn Deutschland braucht nicht nur Master, sondern auch viele Meisterinnen und Meister“, fasste Herwartz zusammen.

Frauen fördern und Integration beschleunigen

Einig waren sich Herwartz und Neubaur, dass das Handwerk in Anbetracht des demografischen Wandels vor einer großen Herausforderung stehe, ausreichend Fachkräfte zu finden. Entsprechend müssten alle vorhandenen Arbeitsmarktpotenziale gehoben werden. Dazu gehörten neben der schnelleren Integration von Geflüchteten und der Wiedereingliederung von (Langzeit-)Arbeitslosen vor allem eine bessere Förderung von selbstständigen Frauen. „Wir können es uns als Gesellschaft und Handwerk nicht länger leisten, dass angehende Gründerinnen und Betriebsnachfolgerinnen vor der Entscheidung stehen, ob sie ihre Familienplanung zugunsten ihres Betriebs zurückstellen oder umgekehrt“, sagte Familienvater Herwartz. Denn bislang müssten weibliche Selbstständige im Vergleich zu Arbeitnehmerinnen in aller Regel deutliche Abstriche im Hinblick auf soziale Leistungen wie das Mutterschaftsgeld und das Elterngeld hinnehmen. Das sei sicherlich auch ein Grund dafür, warum aktuell lediglich 22 Prozent der Handwerksbetriebe in NRW von Frauen geführt würden.

Um diese Situation zu verbessern, hat der Westdeutsche Handwerkskammertag (WHKT) bereits vor einigen Monaten ein Positionspapier veröffentlicht, in dem sich entschieden für verbesserte Bedingungen für Unternehmerinnen im Handwerk ausgesprochen wird. Der Fokus liegt dabei auf der Vereinbarkeit von Schwangerschaft und Mutterschaft mit der unternehmerischen Selbstständigkeit. Ministerin Mona Neubaur betonte: „Wenn die Transformation in Deutschland und Nordrhein-Westfalen gelingen soll, brauchen wir jetzt und in Zukunft ein starkes und engagiertes Handwerk. Deshalb wollen wir als Landesregierung alles tun, damit qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung stehen und lähmende bürokratische Verfahren Schritt für Schritt entrümpelt werden. Das Handwerk ist traditionell ein Wirtschaftsbereich, der durch seine besondere Ausbildungsintensität und -qualität hervortritt. Die Landesregierung unterstützt daher nicht nur die Bildungsinfrastruktur der Handwerksorganisationen, sondern setzt sich im Rahmen vielfältiger (Qualifizierungs-)Maßnahmen auch dafür ein, das Fachkräftepotential des Handwerks zu sichern und zu stärken. Ein weiterer Baustein ist dabei auch die Reform des Mutterschutz für Selbstständige. Wir können es uns als Gesellschaft nicht leisten, dieses enorme unternehmerische und volkswirtschaftliche Potenzial ungenutzt zu lassen. Wenn wir die Nachteile für Selbstständige abbauen, tun wir etwas für die Gleichstellung und gegen den Fachkräftemangel.“ Herwartz und Neubaur vereinbarten, sich gemeinsam bei allen politischen Entscheidungstragenden für eine deutliche Verbesserung der Situation von schwangeren Betriebsinhaberinnen einzusetzen.

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Diese Pressemitteilung können Sie unter www.hwk-aachen.de/pm-vollversammlung24 erreichen. Den Jahresbericht 2023 finden Sie unter www.hwk-aachen.de/jahresbericht-2023.

 Foto von Marco Herwartz, Präsident der Handwerkskammer Aachen

Als regionale Dachorganisation vertritt die Handwerkskammer Aachen die Interessen von rund 17.500 Handwerksbetrieben mit ihren über 85.000 Angestellten und knapp 5.400 Lehrlingen in der Städteregion Aachen sowie den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg. Mit einem Umsatz von circa zehn Milliarden Euro ist das Handwerk eine der wirtschaftlichen Stützen im Kammerbezirk.



Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen weiß: Transformation geht nur mit dem Handwerk.
HWK Aachen, Doris Schlachter
Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen weiß: Transformation geht nur mit dem Handwerk.

Bei der Podiumsdiskussion begrüßte HWK-Präsident Marco Herwatz NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (l.) und Unternehmerin Martina Schmitz.
HWK Aachen, Doris Schlachter
Bei der Podiumsdiskussion begrüßte HWK-Präsident Marco Herwatz NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (l.) und Unternehmerin Martina Schmitz.

Berufliche Bildung, Klimawende, Fachkräftesicherung und mehr: Bei der Podiumsdiskussion im Rahmen der Vollversammlung der Handwerkskammer Aachen sprachen (von rechts nach links) Unternehmerin Martina Schmitz, HWK-Präsident Marco Herwartz, Moderator Christian Mourad, NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und HWK-Vizepräsident Felix Kendziora über einige Themen, die dem Handwerk auf den Nägeln brennen.
HWK Aachen, Doris Schlachter
Berufliche Bildung, Klimawende, Fachkräftesicherung und mehr: Bei der Podiumsdiskussion im Rahmen der Vollversammlung der Handwerkskammer Aachen sprachen (von rechts nach links) Unternehmerin Martina Schmitz, HWK-Präsident Marco Herwartz, Moderator Christian Mourad, NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und HWK-Vizepräsident Felix Kendziora über einige Themen, die dem Handwerk auf den Nägeln brennen.

Macht sich stark für Frauen im Handwerk und gesetzliche Schutzleistungen für selbstständige Unternehmerinnen: Nordrhein-Westfalens stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur.
HWK Aachen, Doris Schlachter
Macht sich stark für Frauen im Handwerk und gesetzliche Schutzleistungen für selbstständige Unternehmerinnen: Nordrhein-Westfalens stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur.

Auf Augenhöhe: Die Podiumsdiskussion anlässlich der Vollversammlung der Handwerkskammer Aachen mit (von links nach rechts) HWK-Präsident Marco Herwartz, Unternehmerin Martina Schmitz, NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, Moderator Christian Mourad und HWK-Vizepräsident Felix Kendziora kam sehr gut an.
HWK Aachen, Doris Schlachter
Auf Augenhöhe: Die Podiumsdiskussion anlässlich der Vollversammlung der Handwerkskammer Aachen mit (von links nach rechts) HWK-Präsident Marco Herwartz, Unternehmerin Martina Schmitz, NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, Moderator Christian Mourad und HWK-Vizepräsident Felix Kendziora kam sehr gut an.

Stand dem WDR Rede und Antwort: HWK-Präsident Marco Herwartz.
HWK Aachen, Doris Schlachter
Stand dem WDR Rede und Antwort: HWK-Präsident Marco Herwartz.



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