News vom 10.03.2022Handwerk ist Männersache? Von wegen!
Nachgefragt bei jungen Frauen in der Region: Vielfältige Arbeit. Hohe Zufriedenheit im Beruf, sichere Perspektive für die Zukunft.
Aachen. Immer mehr junge Frauen entscheiden sich für einen Handwerksberuf. So auch im Kammerbezirk Aachen. Dogan Malicki hat fünf junge Handwerkerinnen in ihrem Berufsalltag begleiten dürfen und nachgefragt, wie es in der vermeintlichen Männerwelt läuft.
Anne Wienands aus Würselen, 23 Jahre alt, seit einem Jahr Dachdeckergesellin, Betrieb: Dachdeckermeister Werner Wienands, Würselen.
Wie bist Du zu Deinem Beruf gekommen?
Schon früh habe ich meinen Vater auf die Baustellten begleitet. Wenn ich keine Schule hatte, fragte ich immer: „Papa, brauchst du Hilfe?“ Weil ich nicht die Motivierteste in der Schule war, habe ich ziemlich oft ausgeholfen. Darüber hinaus sitze ich gerne auf dem Dach. Die Aussicht ist einfach sehr gut. Während meinem Auslandsjahr in Südafrika habe ich gemerkt, dass ich das Handwerk vermisse und habe nach der Rückkehr meine Ausbildung begonnen.
Was machst Du als Dachdeckerin?
Der Beruf ist genauso vielseitig wie die Materialien, die wir verwenden. Von Holz über Tonziegel bis hin zu Schiefer ist alle dabei. Auch das Installieren von PV-Anlagen übernehmen wir. Unangenehmes gibt es natürlich auch, wie zum Beispiel das Saubermachen von Dachrinnen. Nicht schön, muss aber gemacht werden.
Was macht Dich in Deinem Beruf glücklich?
Dass ich morgens zur Baustelle komme, arbeite und wenn ich nachmittags nach Hause fahre, dann sehe ich, dass ich etwas geschafft habe. Dass man Fortschritte sieht, wie klein sie auch sind, finde ich einfach toll!
Was sind Deine Pläne für die Zukunft?
Ich werde in Zukunft die Meisterschule beginnen und irgendwann den Betrieb übernehmen.
Anja Liedig aus Stolberg, 24 Jahre alt, Maurerin im zweiten Ausbildungsjahr. Betrieb: Bauunternehmung Hans Schartmann, Stolberg.
Wie bist Du zu Deinem Beruf gekommen?
Durch meine Familie. Der Betrieb gehört meinem Stiefvater, und er hat mir das Angebot gemacht, eine Ausbildung bei ihm zu beginnen. Eine Ausbildung zur Maurerin wollte ich bereits mit 16 Jahren machen. Einiges kam dazwischen. Mit 23 habe ich es nochmal angepackt.
Was macht Dich in Deinem Beruf glücklich?
Es macht mir Spaß handwerklich zu arbeiten und mit meinen Händen etwas herzustellen. Ich bin keine Person, die sich in das Büro setzen könnte. Ich mag klare Ergebnisse. An einem Haus vorbeizufahren und zu wissen, dass man es gebaut hat und dort eine Familie lebt, macht mich glücklich.
Wie kommst Du in der vermeintlichen Männerwelt zurecht?
Ich habe schon einige Situationen erlebt, in denen ich mir die Frage stellte, ob das nun wirklich sein musste. Vor allem für die ältere Generation sind Frauen auf dem Bau sehr fremd. Schon oft wurde ich schief angeguckt. Aber ich stecke das weg, weil ich mir denke, dass ich weiß, was ich mache und mir der Beruf Spaß macht. Jeder, der damit ein Problem hat, soll weitergehen.
Was sind Deine Pläne für die Zukunft?
In Zukunft würde ich die Firma meines Stiefvaters gerne vergrößern, um mehr Projekte realisieren zu können.
Kyra Reinartz aus Raeren, 21 Jahre alt, Fahrzeugmechatronikerin im dritten Ausbildungsjahr, Betrieb: Cartech, Raeren.
Wie bist Du zu Deinem Beruf gekommen?
Während meiner Informatik-Ausbildung habe ich angefangen, an meinem Auto herumzuschrauben. Schnell habe ich gemerkt, dass das Studium nichts für mich ist. Das Schrauben am Auto mit meinem Bruder hat mir jedoch sehr viel Spaß bereitet und dann habe ich mich einfach um einen Ausbildungsplatz beworben – und ja, nun stehe ich hier!
Was macht Dich in Deinem Beruf glücklich?
Man hat tagtäglich neue Herausforderungen und man weiß oft nicht, was auf einen zukommt. Mal ist es schwierig und mal ist es einfach. Und es ist eine Leidenschaft zu sehen, dass man etwas geschafft hat und der Kunde anschließend zufrieden ist.
Wie kommst Du in der vermeintlichen Männerwelt zurecht?
In meiner jetzigen Ausbildung habe ich keine Probleme. Ich werde hier wie alle anderen auch behandelt. Es ist eine sehr familiäre Atmosphäre und man darf sich auch mal Fehler erlauben. Dies war in meinem ersten Ausbildungsjahr in einer anderen Werkstatt anders. Dort konnte es vorkommen, dass man für Fehler angeschrien wurde. Das ist aber nicht der Sinn der Sache. Wir sind Menschen und machen Fehler.
Was sind Deine Pläne für die Zukunft?
Jetzt steht erstmal die Gesellenprüfung an. Anschließend möchte ich meinen Meister machen. Und falls es klappt, möchte ich in Zukunft meinen eigenen Betrieb eröffnen.
Anna Meyers aus Aachen, 26 Jahre alt, Tischlergesellin, zweites Studiumsjahr an der Akademie für Handwerksdesign Gut Rosenberg.
Wie bist Du zu Deinem Beruf gekommen?
Eigentlich durch meinen Vater. Als Heimwerker hat er schon immer sehr viel am Holzhaus gearbeitet, in dem wir gewohnt haben. Nach meinem Abitur wollte ich ursprünglich im sozialen Bereich arbeiten. Kunst zu studieren stand ebenfalls auf meinem Plan. Schlussendlich habe ich jedoch ein Praktikum in einer Schreinerei absolviert und dort anschließend meine Ausbildung begonnen.
Was macht Dich in Deinem Beruf glücklich?
Zu sehen, was man am Ende des Tages geschafft hat und niemanden zu fragen oder zu bitten, etwas für einen zu tun. Ich kann alles selbst machen. Das macht mich sehr glücklich in meinem Beruf.
Wie kommst Du in der vermeintlichen Männerwelt zurecht?
Im Betrieb selbst gab es keine Probleme. Das Problem war eher auf den Baustellen. Eine Frau auf der Baustelle ist für viele noch fremd. Manchmal fielen blöde Sprüche und Kommentare, was ziemlich unangenehm sein kann. Heute bin ich alt genug und weiß, wie ich mich zu verhalten habe. In meinen jüngeren Jahren war das noch anders.
Was sind Deine Pläne für die Zukunft?
Ich könnte mir vorstellen, meinen Beruf mit sozialer Arbeit zu kombinieren. Aber egal, was ich in Zukunft machen werde, das Handwerk wird mich immer begleiten und ein Teil von mir bleiben.
Alegra Hurst aus Stolberg, 20 Jahre alt, Fahrzeuglackiererin im zweiten Ausbildungsjahr, Betrieb: Günter Kloubert GmbH, Aachen.
Wie bist Du zu Deinem Beruf gekommen?
Ich bin zufällig zu diesem Beruf gekommen, obwohl ich schon früh wusste, dass ich etwas im Handwerk machen möchte. Vor einem Jahr habe ich an unterschiedlichen Schnuppertagen teilgenommen und von all den Berufen, die ich währenddessen kennengelernt habe, bin ich bei diesem Beruf hängengeblieben.
Was machst Du als Fahrzeuglackiererin?
In meinem Beruf geht es darum, beschädigte Autoteile wie zum Beispiel Türen oder Kotflügel zu reparieren. Ist am Auto irgendwo eine Delle oder Beschädigung zu finden, dann repariere ich sie.
Wie kommst du in der vermeintlichen Männerwelt zurecht?
Es gibt in meinem Betrieb in dieser Hinsicht absolut keine Probleme. Seit dem ersten Tag wurde ich genauso behandelt wie die Jungs, die am selben Tag wie ich angefangen haben.
Was sind Deine Pläne für die Zukunft?
Fürs Erste möchte ich meine Ausbildung abschließen. Alles andere plane ich in der Zukunft.