Pressemitteilung vom 23.10.2024Im Hochbau droht Krise
Politik muss Rahmenbedingungen verbessern. Handwerk bleibt trotz aller Herausforderungen zuverlässiger Arbeitgeber.
Aachen. „Die bereits im Herbst 2023 prognostizierte Krise im Bauhauptgewerbe zeigt sich inzwischen deutlich in den Wirtschaftsdaten des Handwerks im Kammerbezirk Aachen. Speziell die im Hochbau und im Ausbau von Gebäuden tätigen Unternehmen sehen sich mit einem sinkenden Auftragsvolumen und rückläufigen Umsätzen konfrontiert.“ Das hat Georg Stoffels, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer (HWK) Aachen, heute bei der Vorstellung der Ergebnisse der Konjunkturumfrage erläutert. Er betonte, dass die gesamtwirtschaftlich wichtige Baubranche nicht in eine längerfristige Krise rutschen dürfe. „Die Politik ist gefordert, den Bürokratieabbau zu beschleunigen, Baugenehmigungen zügiger zu erteilen und Förderprogramme für den Neubau sowie die Sanierung von Wohngebäuden auf den Weg zu bringen.“
Durch die negativen Vorzeichen im umsatz- und beschäftigungsstarken Bauhaupt- und Ausbaugewerbe verharrt die Gesamtstimmung des Handwerks auf dem Niveau des Frühjahrs und verschlechterte sich gegenüber dem Herbst 2023. Während seinerzeit 85 Prozent der Betriebe ihre Lage als „gut“ oder „befriedigend“ bezeichnet hatten, waren es nun 81 Prozent. 34 Prozent berichteten in der aktuellen Umfrage von rückläufigen Auftragseingängen und sogar 39 Prozent von gesunkenen Gesamtumsätzen – bei einer Inflation von rund zwei Prozent.
Aus Sicht der Handwerkskammer Aachen alarmierend ist, dass ein Drittel der 17.500 regionalen Handwerksbetriebe ihre Investitionen in Zukunftsgüter verringern musste. „Vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung ist dies eine besorgniserregende Entwicklung für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen“, kommentierte Stoffels.
Klimarelevante Berufe als Wachstumsbereich
Der Lichtblick in der Studie sind einmal mehr die klimarelevanten Berufe, zu denen unter anderem Dachdecker, Elektronikerin oder auch Installateure und Heizungsbauer gehören. „Diese Gewerke profitieren weiterhin stark von der energetischen Sanierung der Gebäude in Deutschland und dem damit verbundenen Boom zur Erneuerung alter Heizungen“, führte Stoffels aus.
Auch die Tiefbauunternehmen berichteten aufgrund der Milliardeninvestitionen in Straßen, Schienen und Brücken von einer sehr guten Auftragslage. Ähnlich positiv gestimmt waren die Kfz-Werkstätten. „Da es nach wie vor keine Elektroautos mit einem Einstiegspreis von etwa 25.000 Euro gibt, vielen die Ladeinfrastruktur weiterhin als zu unzuverlässig erscheint und die staatlichen Prämien für E-Autos quasi über Nacht gestrichen wurden, investieren viele Autobesitzer gerade hohe Summen in die Instandsetzung ihrer alten Verbrenner“, erklärte der HWK-Hauptgeschäftsführer die aktuell hohe Auslastung der Werkstätten.
Arbeitsmarkt beweist Widerstandskräfte
Wie in den Vorjahren präsentiert sich der Arbeitsmarkt im Handwerk als stabil, da die Unternehmen in Zeiten des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels um den Wert ihrer hoch qualifizierten Mitarbeitenden wissen. 15 Prozent der Betriebe vergrößerten im vergangenen halben Jahr ihre Belegschaft (Frühjahr: neun Prozent), und 65 Prozent (Frühjahr: 71 Prozent) hielten sie konstant. „Nicht zuletzt durch den Rentenbeginn der Babyboomer-Generation gibt es in nahezu allen Gewerken freie Stellen und damit sehr gute Karrierechancen für Fach- und Hilfskräfte“, so Stoffels. Diese guten Berufsaussichten überzeugen auch wieder mehr junge Menschen für den Schritt in das Handwerk. Zum Ausbildungsjahr 2024/25 begannen so viele Schülerinnen und Schüler wie seit zehn Jahren nicht mehr eine Lehre in einem der 130 Ausbildungsberufe im Kammerbezirk Aachen.
Steigende Verbraucherpreise
Wie die Befragung weiter zeigt, müssen sich die Verbraucherinnen und Verbraucher auch im nahenden Winter auf höhere Handwerksrechnungen einstellen. Knapp die Hälfte der Befragten geht von steigenden Verkaufspreisen aus, nur zehn Prozent erwarten einen Rückgang. Speziell im Kfz- und Nahrungsmittelgewerbe werden die Rechnungsbeträge aufgrund extrem hoher Ersatzteilkosten beziehungsweise Grundnahrungsmittelpreise überdurchschnittlich steigen. „Zudem treiben die stetig steigenden Lohnnebenkosten die Handwerksinflation in die Höhe, da das Handwerk im Gegensatz zur Industrie einen sehr hohen Personalkostenanteil hat. Das wird in vielen politischen Diskussionen zu oft vergessen“, unterstrich Stoffels mit Blick auf die aktuellen Debatten zur Erhöhung des Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrags.
Blick in die Regionen offenbart Unterschiede
Der Detailblick in die vier Landkreise offenbart eine ähnliche regionale Spreizung wie bei der Frühjahrsumfrage 2024, aber auf höherem Niveau. Nach wie vor ist die StädteRegion Aachen als Oberzentrum des Kammerbezirks der wirtschaftliche Motor des Handwerks in der Region. Hier haben rund 40 Prozent der Betriebe ihren Sitz. Ähnlich wie im Frühjahr präsentierte sich die Situation der Unternehmen in der StädteRegion in den vergangenen sechs Monaten überdurchschnittlich gut. 82 Prozent bewerteten ihre Geschäftslage als „gut“ oder „befriedigend“. Schlechter als zuletzt lief es im Kreis Düren. Hier schätzten 79 Prozent der Studienteilnehmenden ihre wirtschaftliche Lage als „gut“ oder „befriedigend“ ein, das sind zwei Prozentpunkte weniger als der Mittelwert aller Betriebe. „Daraus resultierten zweifellos auch die negativen Vorzeichen im Personalbereich“, führte Stoffels aus.
Weiterhin problematisch ist die Geschäftslage im Kreis Euskirchen. Im kleinsten der vier Kammerlandkreise berichteten überdurchschnittlich viele Betriebe von gesunkenen Umsätzen (43 Prozent) und einer verschlechterten Geschäftslage (24 Prozent). „Die Zahlen sind zwar etwas besser als im Frühjahr 2024, aufgrund des vielfach aber sehr negativen Ausblicks der Handwerksbetriebe in Euskirchen kann noch nicht von einer Stabilisierung auf niedrigem Niveau gesprochen werden“, ordnete Stoffels die Werte ein. Deutlich besser als vor einem halben Jahr präsentierte sich die Situation Landkreis Heinsberg. Dieser belegt inzwischen in fast allen wichtigen Bereichen (Geschäftslage, Auftragseingänge und Gesamtumsatz) den ersten Platz. Ähnlich optimistisch sind auch die Zukunftserwartungen der Unternehmen im Norden des Kammerbezirks.
Service für Redaktionen:
- Die vollständige Konjunkturumfrage mit ergänzenden Grafiken und der Sonderauswertung nach Sparten und Kreisen (Städteregion Aachen, Kreise Düren, Euskirchen und Heinsberg) können Sie hier Konjunkturumfrage Herbst 2024 herunterladen.
- Alle Umfragen der Handwerkskammer Aachen finden Sie hierwww.hwk-aachen.de/umfragen.
- Diese Pressemitteilung können Sie unter www.hwk-aachen.de/pm-konjunktur-herbst2024 erreichen.
Als regionale Dachorganisation vertritt die Handwerkskammer Aachen die Interessen von rund 17.500 Handwerksbetrieben mit ihren über 85.000 Angestellten und knapp 5.400 Lehrlingen in der Städteregion Aachen sowie den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg. Mit einem Umsatz von circa zehn Milliarden Euro ist das Handwerk eine der wirtschaftlichen Stützen im Kammerbezirk. An der Herbstkonjunkturumfrage der Handwerkskammer Aachen beteiligten sich knapp 750.
Downloads
Grafik 2: Geschäfts- und Auftragslage
Grafik 3: Arbeitsmarkt - Personal
Grafik 4: Prognose
Grafik 5: Regionale Unterschiede
Pressefoto 1: HGF Georg Stoffels
Pressefoto 2: HGF Georg Stoffels
Alle nachfolgenden Statements sind von Hauptgeschäftsführer Georg Stoffels.
Wie ist die aktuelle Situation im Handwerk?
01: hwk-konjunkturumfrage-2-2024-aktuelleSituation.mp3
2. Wie fallen die Prognosen aus?
02: hwk-konjunkturumfrage-2-2024-Ausblick.mp3
3. Wie präsentiert sich die konjunkturelle Lage in der Städteregion Aachen?
03: hwk-konjunkturumfrage-2-2024-StaedteregionAachen.mp3
4. Wie präsentiert sich die konjunkturelle Lage im Kreis Düren?
04: hwk-konjunkturumfrage-2-2024-Dueren.mp3
5. Wie präsentiert sich die konjunkturelle Lage im Kreis Euskirchen?
05: hwk-konjunkturumfrage-2-2024-Euskirchen.mp3
6. Wie präsentiert sich die konjunkturelle Lage im Kreis Heinsberg?
06: hwk-konjunkturumfrage-2-2024-Heinsberg.mp3