
Glänzendes Demonstrationsstück: Hans Küppers mit einem Vergaser auf der Maastrichter Oldtimer-Messe. Hat Tausende Teile in allen Variationen auf Lager: Hans Küppers in seiner Linnicher Werkstatt.
News vom 26.03.2024Meister der alten Schule
Hans Küppers aus Linnich rettet Oldtimervergaser aus aller Welt – mit Fachwissen, Leidenschaft und Improvisationstalent.
Von Berthold Strauch
Er ist ein echtes Multitalent: Hans Küppers kann schmackhaftes Bier brauen. Und gerade errichtet er im Garten neben der Werkstatt im Linnicher Gewerbegebiet an der Robert-Bosch-Straße einen mannshohen Backofen. Die verwendeten Ziegelsteine sind recycelt, die hitzebeständigen Schamottsteine im Inneren hat er gerade passend zugeschnitten. Bald wird er den Ofen mit Buchenholz anheizen, um sein eigenes Schwarzbrot zu backen, bis zu zwölf Laibe auf einen Schlag.
Da kommen also schon einige Gewerke zusammen, die der 74-Jährige ziemlich professionell beherrscht. Doch sein eigentlicher Beruf und damit der echte „Broterwerb“ gilt einem ganz anderen handwerklichen Metier: Hans Küppers hat gleich zwei Meisterbriefe vorzuweisen, und zwar als Kraftfahrzeug-Mechaniker- und als Kfz-Elektriker-Meister. Bereits im Vorjahr ist er vom Kfz-Betriebswirt Rolf Ferebauer, Obermeister der Kraftfahrzeug-Gewerbe-Innung Düren-Jülich, mit dem goldenen Meisterbrief ausgezeichnet worden. Seine berufliche Erfolgsstory hatte Küppers 1965 mit einer Ausbildung zum Autoelektriker bei einem Bosch-Dienst gestartet.
„Wir sind Spezialisten für Anlasser, Lichtmaschinen und Zündverteiler von A bis Z und deren Instandsetzung“, wirbt seine Firma Carservice Küppers selbstbewusst für ihre meisterlichen Dienstleistungen, die in einem speziellen Segment besondere Aufmerksamkeit finden: Trotz des aktuellen Trends hin zur Elektromobilität setzen Oldtimerfans aus der ganzen Welt auf die noch längst nicht abgeschriebenen Verbrennermotoren – und damit auf das fachliche Know-how aus der Kleinstadt an der Rur.
Egal ob Japan, Südkorea, Malaysia, Dubai und andere Länder in Asien, dazu Australien, Amerika, ganz Europa – bis zum Ukrainekrieg auch vermehrt Russland – und viele andere Länder rund um den Globus: „Außer dem Süd- und dem Nordpol ist eigentlich alles dabei“, sagt Hans Küppers und lacht. Die Kunden von überall her kennen Linnich, kennen den „Doppel-Meister“. Viele von ihnen oftmals sogar persönlich, ohne den Weg in den nördlichen Kreis Düren anzutreten.
Denn Küppers und sein Bosch-Dienst sind auf vielen Fachmessen dabei. Er präsentiert seine Produkte und Dienstleistungen, wirbt um neue Akquisitionen. So wie kürzlich auf DER Vorzeige-Oldtimermesse im Dreiländereck Deutschland-Belgien-Niederlande: Im Messe- und Kongresszentrum MECC der südlimburgischen Provinzhauptstadt Maastricht brauchte er nicht lange auf die oft recht begüterte Kundschaft zu warten. Sie weiß, dass sie den 74-Jährigen dort antrifft. Er hat bei der viertägigen „Interclassics – Classic Car Show“ seinen Stammplatz. Und vielfach ist Hans Küppers für sie die „letzte Rettung“, damit sie die Pferdestärken ihrer chromblitzenden, hochglänzenden und meist hochpreisigen Oldtimer tatsächlich auf die Straße bringen können.
Denn diese altehrwürdigen „Schätzchen“ laufen nur, wenn der Vergaser es schafft, den Treibstoff aus dem Tank durch ein möglichst optimales Luft-Sprit-Gemisch zündfähig für den Motor umzuwandeln, damit dieses Kraftpaket die optimale Leistung bringen kann. Da gibt so manches Teil nach oft jahrzehntelangen, treuen Diensten schon mal den Geist auf. Und dann ist, um sprachlich beim Ausstellungsort im Bild zu bleiben, „Holland in Not“!
Diese schillernden Fahrzeuge werden in Maastricht in nicht geringer Anzahl auch zum Verkauf angeboten. Für sie werden teils Millionensummen aufgerufen. Dass dort die Geschäfte gut laufen, darauf machen vielfach Schilder wie „Sold“– aufmerksam, die unterm Scheibenwischer geklemmt werden.
Doch wenn's darum geht, den nicht mehr funktionierenden Vergaser wieder fit zu machen, zeigten sich die Besitzer der Auto-Klassiker gelegentlich ein wenig „knickerig“, wundert sich Küppers über deren „Verhandlungsgabe“, gern mal den vergleichsweise bescheidenen Preis für das Ersatzteil zu drücken. Neuwertige Teile gibt’s längst nicht mehr zu kaufen. Denn die einschlägigen Hersteller haben ihre Produktion mangels Nachfrage eingestellt. Das ist auch die Folge der Umrüstung von der Vergaser- auf modernere Einspritzer-Technik.
Vergaser sind spätestens seit dem Aufkommen dieser Einspritzmotoren in Neufahrzeugen schlichtweg überflüssig geworden. Wenn diese Teile allerdings in den historischen Modellen streiken, werden sie in der Regel ausgebaut und nach Linnich geschickt. Tagtäglich kommen dort Pakete aus fast aller Herren Länder an, vollgepackt mit verdreckten, ölverschmierten Vergasern. Dann beginnt für Hans Küppers und seine insgesamt zehn Mitarbeiter das „Fein-Tuning“ an den Aggregaten. Im aufpolierten, fast neuwertig erscheinenden Zustand können sie dann wieder ihre unverzichtbaren Dienste in den Motoren leisten.
Doch gelegentlich sind – um im Bier-Jargon zu bleiben – sozusagen Hopfen und Malz verloren: Die Dinger sind einfach nicht mehr „hinzubiegen“, trotz aller Küppers'schen Improvisationskunst. Ist ein Vergaser nicht mehr reparabel und damit seiner Funktion beraubt, als „Lunge“ des Motors zu wirken, werfen Hans Küppers und sein Team ihre metallverarbeitenden Maschinen wie etwa Fräsen an. Und dann produzieren sie kurzerhand das benötigte Motorenteil einfach wieder neu.
Dabei helfen auch ausrangierte Anlagen wie die des einstmals führenden Neusser Unternehmens Pierburg. Es war mal der zweitgrößte Vergaserhersteller in Europa und größte in Deutschland. 1986 wurde er von der Düsseldorfer Waffenschmiede Rheinmetall übernommen. Ebenso hat der Hersteller Bosch einige seiner nicht mehr benötigten Aggregate den Linnichern überlassen. Zum Reparatur- und Nachbauspektrum gehören in der Werkstatt auch Kraftstoffpumpen. „Das kriegen wir wieder hin“, ist Hans Küppers eigentlich immer optimistisch.
Bei Küppers' Messeauftritt in Maastricht ist ein besonders gewiefter „freier Mitarbeiter“ mit von der schillernden Partie. Im Scheinwerferglanz rund um die massenhaft aufgefahrenen wertvollen Karossen ist Achim Villmow in seinem Element. Gerade parliert er auf Englisch mit einem potenziellen Kunden. Schon bei Pierburg war er beruflich für die Überholung der Klassik-Motorteile rund um die Kraftstoffversorgung zuständig. Dem 67-jährigen Kfz-Elektriker- und -Mechaniker-Meister macht beim Fachwissen so schnell niemand was vor. „Der Markt läuft gut“, weiß Villmow.
Überaus hilfreich beim „Fitmachen“ erschlaffter Motortechnik sind auch Messanlagen und Prüfwerkzeuge. Sie checken zum Beispiel exakt den Luftdurchsatz beim Vergaser, um ihn zu optimieren. Und damit die Motorteile tatsächlich perfekt eingestellt werden können, stehen in der Werkstatt auch diverse Originalmotoren. Zum Beispiel der Antrieb für den legendären Porsche 911: Übersteht der quasi neue Vergaser diesen Härtetest, kann er bedenkenlos wieder in den Oldtimer eingebaut werden. Der „Elfer“, wie die Profis das bekannteste Modell aus Stuttgart-Zuffenhausen nennen, gilt als Inbegriff dieser Sportwagen-Marke.
Küppers hat mehr als 40 verschiedene Motoren unterschiedlichster Fahrzeugtypen zur Verfügung. Auch Exoten sind darunter, etwa das Kraftpaket aus einem Rennwagen von BMW Alpine oder aus einem Audi Quattro, den der legendäre Rallyefahrer Walter Röhrl gesteuert hatte.
Hans Küppers gibt sein Spezialwissen gerne an den Nachwuchs weiter. Dafür steht in seinem Linnicher Firmengebäude eigens ein Schulungsraum bereit. Zuletzt ließen sich zwölf Berufsschullehrer aus Stuttgart auf Einladung der dortigen Innung in die historische Technik einweisen. Derzeit werde, so Küppers, an einem neuen Berufsbild gearbeitet, das eigens „Kfz-Oldtimer-Mechaniker“ ausbilden soll. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) habe diese Schulungen zertifiziert.
Und so wird Hans Küppers auch bei der nächsten Interclassics in Maastricht wieder dabei sein, so wie seit rund 20 Jahren schon. Demnächst stehen die Oldtimershows in Essen, Stuttgart, Salzburg und Mannheim wieder im Jahreskalender des Linnichers. Bald kann er seinen 75. Geburtstag feiern. Aber ans Aufhören denkt er noch lange nicht. „In zehn Jahren gehe ich in die Altersteilzeit“, lacht er verschmitzt. „Wenn ich fit bleibe, mach' ich noch bis 100 weiter.“
Die Frage der Nachfolge sei offen, bekennt Küppers. Ein Sohn sei zwar im gleichen Metier tätig, als Servicetechniker für Rolls Royce in Düsseldorf „weltweit auf Achse“, werde aber wohl kaum in den Betrieb des Vaters zurückkehren. Dabei werde die Bedeutung des „absoluten Kulturguts Oldtimer“ sicher weiter wachsen, ist Küppers überzeugt. „Zum Beispiel die Japaner sind ganz verrückt danach.“
Fährt Hans Küppers privat auch ein automobiles „Altertümchen“? Nein, antwortet er schnell, einen Daimler modernen Zuschnitts. „Ich habe andere Hobbys – zum Beispiel Angeln.“ Und eben Brot backen. Ein wahrlich flexibler Meister...