Handwerkskammer Aachen - Jahresbericht 2023Statistik + Bedeutung des regionalen Handwerks
Überblick Handwerksbetriebe
Das Handwerk erwies sich auch im Jahr 2023 trotz aller Krisen als eine tragende wirtschaftliche Säule in der StädteRegion Aachen sowie in den Landkreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg. Etwa jeder fünfte Euro des Bruttoinlandsprodukts der Region wurde direkt im Handwerk erwirtschaftet. Damit liegt der Kammerbezirk Aachen im Bundesdurchschnitt.
Erstmals generierten die Betriebe im Kammerbezirk Aachen einen Umsatz von mehr als zehn Milliarden Euro. Diese Daten von IT.NRW beziehen sich auf das Jahr 2022, aktuellere Grundlagenzahlen liegen noch nicht vor. Im Vergleich dazu erzielten die Unternehmen im Jahr 2021 einen Gesamtumsatz von 9,2 Milliarden Euro. Der Umsatzanstieg im Jahr 2022 lässt sich hauptsächlich auf die ungewöhnlich hohe Inflationsrate von 6,9 Prozent und einen Boom bei den Bauaufträgen zurückführen. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind ebenfalls in diesen Zahlen erkennbar. So nahm die Zahl der Mitarbeitenden umetwa drei Prozent ab – das aber fast ausschließlich in coronabelasteten Branchen.
Als Ausbildungsmotor der Region beschäftigen die 2.287 Ausbildungsbetriebe im Durchschnitt mehr als zwei Auszubildende,
womit aktuell fast 5.500 junge Menschen in einem der 130 Ausbildungsberufe des Handwerks ihre berufliche Laufbahn beginnen. Diese Bandbreite verdeutlicht die zentrale Stellung des Handwerks innerhalb der regionalen Gesellschaft, Kultur und vor allem Wirtschaft.
Bedeutung des Handwerks
Das Handwerk ist so vielfältig wie kaum eine andere Branche, und das tägliche Leben wäre ohne die Leistungen des Handwerks unvorstellbar. Denn die Handwerkerinnen und Handwerker sichern die Lebensmittelverarbeitung, erschaffen Kleidung, bringen Räume zum Leuchten oder sorgen dafür, dass Bus, Bahn und Auto fahren. Zudem sind die Handwerksbetriebe die tragende Säule der Energiewende, indem sie Häuser energetisch sanieren, Wärmepumpen einbauen und PV-Anlagen installieren. Oder anders gesagt: Handwerkerinnen und Handwerker sind die hauptberuflichen Klimaschützer in diesem Land und damit die offiziellen Ausstatter der Klimawende. Zugleich sind die knapp 17.500 Handwerksbetriebe des Kammerbezirks unverzichtbar für den Strukturwandel in der Region sowie für den Aus- und Umbau der Infrastruktur. Sie sichern die Instandhaltung von Brücken, gewährleisten die Versorgung mit essenziellen Dienstleistungen und treiben innovative Bauprojekte voran. Diese Leistungen des Handwerks sind entscheidend für die Entwicklung und Erhaltung der Lebensqualität sowie für die wirtschaftliche Dynamik in der StädteRegion Aachen sowie den angrenzenden Landkreisen. Die Hanwerksordnung kennt drei Gruppen von Unternehmen: 53 Zulassungspflichtige Handwerke (Anlage A), 42 Handwerke sind als zulassungsfreie Handwerke in der Anlage B1 zusammengefasst. Die handwerksähnlichen Gewerbe sind in der Anlage B2 aufgeführt und können ebenfalls ohne Qualifikationsnachweis selbstständig betrieben werden.
Gesellen
Die feierliche Lossprechung und die Übergabe des Gesellenbriefs ist für die Handwerkerinnen und Handwerker der erste Meilenstein auf ihrem beruflichen Pfad. Nach zumeist zweieinhalb- bis dreijähriger Ausbildung endet damit die erste Lernphase im Beruf. Von nun an bringen die Gesellinnen und Gesellen ihre Fähigkeiten voll und ganz in die Betriebe ein, wo sie als zentrale Säulen der operativen Arbeit wirken, angeleitet von ihren Meistern.
Dass die Gesellenprüfung ein Gradmesser des Könnens ist, zeigt sich in der Bestehensquote: Nach wie vor bestehen drei von vier Prüflingen im ersten Versuch. Das Handwerk legt großen Wert auf den fachlichen Anspruch dieser Prüfung. Denn der Gesellenbrief ist seit jeher ein anerkannter Nachweis echter Handwerkskunst und damit ein Zeugnis, das zeigt: Hier steht jemand, der mit Herz und Hand sein Handwerk versteht. Kaum überraschen muss, dass sich auch unter den Gesellen immer mehr klimarelevante Abschlüsse finden. Zwar stehen die Kraftfahrzeugmechatroniker weiter an der Spitze der Statistik, aber die Zahl neuer Elektroniker und Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik steigt überproportional stark. Im Gegensatz dazu gibt es immer weniger voll ausgebildete Friseurinnen und Friseure, was an den seit Jahren stark rückläufigen Ausbildungszahlen im Friseurbereich liegt. In wenigen Jahren wird sich das in weiter sinkenden Meisterzahlen in diesem Segment bemerkbar machen.
Bildungszentren
Die Handwerkskammer Aachen betreibt fünf Bildungseinrichtungen, die als Herzstücke der Überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung, der Meisterkurse und weiterführender Bildungsprogramme dienen. Mit insgesamt 1.200 praktischen Ausbildungsplätzen und etwa 900 Theorie- sowie IT- und Digitalarbeitsplätzen bieten die Bildungszentren BGE Aachen, das Zentrum für Friseure und Kosmetiker in Aachen, die Akademie für Handwerksdesign, das BGZ Simmerath und das TraCK Düren optimale Lernumgebungen. Der Grunsatz „aus der Praxis für die Praxis“ prägt dabei alle Standorte, getragen durch das erfahrene Personal, das ein umfassendes berufliches Wissen weitergibt.
Ein Schlüsselelement im Bildungsangebot der Kammer ist die QualiTec GmbH, eine gemeinnützige Tochtergesellschaft, gegründet 2001. Diese Einrichtung fokussiert sich auf die Weiterbildung von Personen, die arbeitslos sind oder denen Arbeitslosigkeit droht, sowie auf Jugendliche mit Startschwierigkeiten in die Ausbildung. Zusätzlich engagiert sich die QualiTec mit ihrem sozialpädagogischen Team umfangreich in der Berufsorientierung in der StädteRegion Aachen. Und die QualiTec ist Partner zahlreicher Programme und Events. So entstanden im Rahmen von QualiTec-Projekten neue Bänke für Orte in der Eifel oder für die Heiligtumsfahrt 2023 in Aachen ein Selfiepoint für zehntausende Pilger aus ganz Europa.
Aus- und Weiterbildungsberatung
„Lebenslanges Lernen“ – diese Maxime gilt auch und gerade im Handwerk. Denn neue Technologien, veränderte Werkstoffe und neue (gesellschaftliche) Anforderungen stellen die Handwerkerinnen und Handwerker ständig vor neue Herausforderungen. Um diese zu bewältigen, bietet die Handwerkskammer Aachen neben der Meisterausbildung noch viele weitere berufliche Fortbildungsmöglichkeiten. Die bekanntesten sind der Kfz-Servicetechniker, Fachwirt und der Betriebswirt nach der Handwerksordnung.
Gewerbliche Fortbildungen sind häufig auf neue Tätigkeits- bzw. Technologiefelder (erneuerbare Energien, Gebäudemanagement, Automatisierungstechnik) oder auf spezielle Handwerkstechniken ausgerichtet. Darüber hinaus können sich Handwerkerinnen und Handwerker auch in berufsübergreifenden Themen weiterqualifizieren.
Hierzu zählen zum Beispiel der kaufmännische Bereich oder auch das Gebiet der IT-Anwendung und -technik. Um die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung voranzutreiben, wurden im Berufsbildungsmodernisierungsgesetz drei Fortbildungsstufen oberhalb der Ausbildungsebene verankert: Berufsspezialist, Bachelor Professional (z. B. Meister) und Master Professional.
Die notwendigen Prüfungen werden in der Regel durch ein dreiköpfiges, praxiserfahrenes Prüfungsgremium abgenommen. Somit sind die zusätzlichen Fortbildungstitel ein verlässliches Qualitätskriterium.