Pressemitteilung Sonderumfrage 2024/25 Fachkräftesicherung

Pressemitteilung vom 25.02.2025Fachkräftemangel im Handwerk spitzt sich zu!

Berufsorientierung stärken, Familienfreundlichkeit verbessern und Bürokratie abbauen.

Aachen. Die Suche nach Fachkräften wird für das regionale Handwerk immer schwieriger. Nur zehn Prozent der befragten Betriebe gaben an, dass die Rekrutierung in den vergangenen zwei Jahren unproblematisch war. Hingegen berichteten über 25 Prozent, dass offene Stellen erst nach längerer Suche besetzt werden konnten, und mehr als 31 Prozent der Firmen fanden gar keine geeigneten Fachkräfte. Rund ein Drittel der Betriebe hatte keinen zusätzlichen Personalbedarf. Dies sind die zentralen Ergebnisse einer Studie der Handwerkskammer (HWK) Aachen, an der sich Ende 2024 rund 750 Betriebe aus der StädteRegion Aachen sowie den Landkreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg beteiligt haben.

Wertschätzung für Ausbildung erhöhen

Der größte Engpass besteht laut den Betrieben darin, dass es auf dem Arbeitsmarkt schlichtweg zu wenige wechselwillige Fachkräfte gibt – und das in nahezu allen Gewerken. Entsprechend bleiben viele Vakanzen unbesetzt. Ein weiteres zentrales Problem ist der Nachwuchsmangel, der zum einen durch den demografischen Wandel verstärkt wird, und zum anderen entscheiden sich immer mehr Schülerinnen und Schüler für das Abitur und ein Studium anstatt für eine (handwerkliche) Ausbildung.

„Der Fachkräftemangel trifft unsere Betriebe hart. Es fehlt nicht nur an qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern, sondern auch an gesellschaftlicher Wertschätzung für die handwerkliche Arbeit. Junge Menschen müssen wieder die Chancen und Möglichkeiten erkennen, die das Handwerk bietet“, sagt Georg Stoffels, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Aachen.

Zusätzlich sehen sich die Betriebe mit zu hohen finanziellen Forderungen insbesondere von Jüngeren konfrontiert. Viele Unternehmen berichteten von unrealistischen Ansprüchen nach Work-Life-Balance, weniger Arbeitsstunden und gleichzeitig hohen Gehältern, die am Markt aber nicht erwirtschaftet werden könnten. Auch das erhöhte Bürgergeld und die zusätzlichen staatlichen Leistungen minderten die Arbeitsbereitschaft, da der Lohnabstand speziell zu einfachen Tätigkeiten zu klein sei. „Fleiß und Arbeit müssen sich lohnen, hier muss die neue Bundesregierung schnell den Hebel umlegen. Ansonsten droht eine gesamtgesellschaftlich sehr gefährliche Schieflage“, führt Stoffels weiter aus.

Hürden bei der Einstellung ausländischer Fachkräfte

Obwohl die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland als eine mögliche Lösung gilt, sehen viele Betriebe große Hindernisse in der Umsetzung. Besonders oft genannt wurden Sprachprobleme der Bewerberinnen und Bewerber, gefolgt von mangelnder Berufserfahrung sowie komplizierte Regeln der Fachkräfteeinwanderung und des Aufenthaltsrechts. Entsprechend hat auch erst ein Viertel der Studienteilnehmenden Anwerbemaßnahmen im Ausland unternommen. „Die Fachkräfteeinwanderung bietet Potenziale, aber die bürokratischen Hürden und der Aufwand für die Betriebe sind enorm. Hier braucht es dringend einfachere Prozesse und klare Unterstützung durch die Politik“, betont Stoffels.

Um sich als attraktive Arbeitgebermarke zu positionieren, haben viele Betriebe umfangreiche Maßnahmen ergriffen. Gut 42 Prozent zahlen übertariflich und fast genauso viele haben die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden verstärkt. Knapp vier von zehn Betrieben haben sich das Thema Familienfreundlichkeit groß auf die Fahne geschrieben: Von flexiblen Arbeitszeiten bis zur Vier-Tage-Woche ist das Spektrum auch im Handwerk sehr vielfältig. Darüber hinaus wurde vielfach die eigene Ausbildung gestärkt und knapp 30 Prozent halten ältere Mitarbeitende länger als früher im Unternehmen, da diese über ein enormes Fachwissen und eine große Erfahrung verfügen. „Die Silver Ager werden im Handwerk nicht auf das Abstellgleis gestellt, sondern sie sind die Leistungsträger in den Werkstätten. Natürlich müssen dafür vielfach die Arbeitsbedingungen an die körperlichen Fähigkeiten der älteren Kollegen angepasst werden“, erläutert der HWK-Hauptgeschäftsführer.

Zudem sehen die Handwerksbetriebe im neuen Verfahren zur Validierung beruflicher Kompetenzen eine gute Chance, Fachkräfte zu gewinnen. Dieses richtet sich an Erwachsene mit langjähriger Erfahrung in einem Handwerksberuf, die aber keinen formalen Berufsabschluss haben. Knapp 44 Prozent der Befragten stehen dieser Methode positiv gegenüber.

Bessere Förderung für Aus- und Weiterbildung im Handwerk

Neben diesen bereits umgesetzten Maßnahmen gibt es viele weitere Ideen in den 17.500 Handwerksbetrieben in der Region, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Ganz oben auf der Agenda steht, Studienabbrecherinnen und -abbrechern im Handwerk eine neue berufliche Heimat zu geben und mehr Migrantinnen und Migranten einzustellen.

Darüber hinaus wünschen sich die Handwerkerinnen und Handwerker, dass die berufliche Orientierung an den Schulen verbessert wird und nicht nur das Abitur mit anschließendem Studium als gesellschaftliche Norm präsentiert wird. „Für viele Schülerinnen und Schüler ist die Arbeit mit den Händen längst kein Teil ihrer Lebensrealität und das muss sich wieder ändern“, fordert Stoffels. Zudem sprechen sich die Betriebe dafür aus, dass die Aus- und Weiterbildung im Handwerk genauso wie die universitäre Ausbildung vom Staat gefördert wird. Hierzu gehörten eine kostenlose Meisterausbildung und bessere Ausstattung der überbetrieblichen Bildungsstätten.

Push- und Pull-Faktoren halten die Mitarbeitenden

Innovative Wege in der Fachkräftegewinnung und langfristigen Mitarbeiterbindung geht Daniel Sodekamp mit seiner Elektrotechnik-Firma in Linnich. „Command and Control ist auch im Handwerk kein zeitgemäßer Führungsstil mehr. Durch echte Teilhabe und Integration in Entscheidungsprozesse lässt sich die Loyalität der Mitarbeitenden deutlich steigern“, betont Sodekamp. Und das beginne bereits in der Ausbildungszeit: „Wir bilden so aus, dass die Azubis bleiben wollen. Dazu gehört neben der fachlichen Qualifikation auch frühzeitige Wertschätzung für die jungen Kollegen.“ Zusätzlich setzt Sodekamp auf attraktive Sonderleistungen für sein Team, darunter ein freier Tag zum Geburtstag, bezahlte Ehrenamtstage und Prämien. Sein Ziel: „Der Ausstieg muss schwerer wiegen als der Vorteil eines Wechsels.“





Service für Redaktionen:

Als regionale Dachorganisation vertritt die Handwerkskammer Aachen die Interessen von rund 17.500 Handwerksbetrieben mit ihren über 85.000 Angestellten und knapp 5.400 Lehrlingen in der Städteregion Aachen sowie den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg. Mit einem Umsatz von circa zehn Milliarden Euro ist das Handwerk eine der wirtschaftlichen Stützen im Kammerbezirk.

Downloads

Alle nachfolgenden Statements sind von Hauptgeschäftsführer Georg Stoffels.

1. Wie ist die aktuelle Lage auf dem Fachkräftemarkt? 
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2. Wie ist die aktuelle Situation der ausländischen Fachkräften?
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 2025-02-25-Auslandsanwerbung.mp3

3. Welche Maßnahmen bieten Betriebe zur Fachkräftesicherung an?
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